Das Budget der Europäischen Union für 2018 beläuft sich auf 160 Milliarden Euro. Ist das zu wenig oder zu viel? Aus Sicht des EU-Parlaments und der EU-Kommission ist es zu wenig, um die vielen Herausforderungen für die EU mit 500 Millionen EinwohnerInnen zu bewältigen. Aus Sicht mancher Mitgliedstaaten ist der Haushalt zu hoch. Die österreichische Bundesregierung ist der Meinung, man müsse insgesamt, aber besonders beim EU-Budget sparen, während andere Staaten wie Frankreich oder Deutschland ihre Bereitschaft erklärt haben, in Zukunft mehr einzuzahlen.
Zum Vergleich: Deutschland (80 Mio. EW) hat mehr als das Doppelte, nämlich ca. 338 Milliarden zur Verfügung. Österreich (8,5 Mio. EW) verfügt für 2018 über ein Budget von ca. 78 Milliarden Euro. Auch wenn die Kompetenzen von Mitgliedstaaten viele teure Politikfelder umfassen, ist das Missverhältnis nicht zu übersehen. Die chronische Unterfinanzierung der EU liegt daran, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten (max. 1 % des BIP der Länder) den überwältigenden Hauptanteil des Budgets ausmachen, und die Staats- und Regierungschefs bis dato keiner Reform zustimmen, die der Union mehr Eigenmittel bringen würde.
Dadurch entsteht gerade in Krisenzeiten eine krisenverschärfende Abwärtsspirale: Die Bevölkerung fordert rasche, konsequente gesamteuropäische Lösungen für brennende Themen wie Zuwanderung, (Jugend-)Arbeitslosigkeit, Sicherheitspolitik, Finanzkrise oder Flüchtlingspolitik. Das EU-Budget aber bleibt gering, da die Mitgliedstaaten sparen wollen. Das Geld reicht somit nicht aus, um die Krise zu bekämpfen. Die Erwartungen der EuropäerInnen werden zwangsweise enttäuscht. Das Vertrauen in die EU sinkt. Die Europaskepsis verschärft sich, was sich in der Wahl von anti-europäischen Parteien, Resignation oder Protest niederschlägt. Der Zerfall der EU ist die letzte Konsequenz dieser Logik. Mit dem finanziellen Manko geht ein demokratiepolitisches einher, denn nach wie vor können die EU-BürgerInnen diese Politik nicht aus eigener Kraft heraus verändern. Dafür wären weitreichende Reformen nötig, die in die Richtung Vereinigter Staaten von Europa gingen und die auf EU-Ebene eine Stärkung der Parteien beinhalten müssten. Denn während es auf nationalstaatlicher Ebene häufig zu einem Zuviel an Parteipolitik kommt, gibt es auf EU-Ebene zu wenig davon. Mit anderen Worten: Die BürgerInnen wissen aufgrund der komplexen Entscheidungsstrukturen nicht, welche Partei in der EU gerade am Ruder ist und wie man sie abwählen könnte, um eine andere zu stärken. Eine handlungsfähige Europäische Union mit Problemlösungskapazität kann nur dann entstehen, wenn ihr künftig mehr Geld zur Verfügung steht und die europäischen Parteien gestärkt werden. Mehr dazu im Working Paper „EU-Szenario: Mehr Klarheit, Geld und Parteipolitik“.